Interview mit Prof. Dr. Sven Lahme: „Im Mittelpunkt eines Krankenhaussystems sollte stets der Patient stehen“

05.05.2023

Viele Kliniken in Deutschland sind in Finanznöten. Die große Krankenhausreform der Bundesregierung scheint aber ins Stocken geraten zu sein. Dabei geht es nicht nur um viel Geld, sondern auch um das Wohl der Patienten. Vital-Region.de sprach mit Prof. Dr. med. Sven Lahme, Facharzt für Urologie und Ärztlicher Direktor der Pforzheimer Goldstadt Privatklinik, über ein Krankenhaussystem in Not.

PZ: Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, sagt, dass unser Krankenhaussystem „krank“ sei, „weil viel zu viel die Ökonomie, die Gewinnmaximierung eine Rolle spielt, anstatt der Patient und das Personal“. Stimmen Sie zu?

Sven Lahme: Das ist klar zu bejahen. Ziel des deutschen Krankenhaussystems sollte die bestmögliche Gesundung der Patienten sein. Die Erzielung des bestmöglichen Heilungserfolgs ist ureigene Aufgabe von Ärzten und Pflegekräften. Im deutschen Krankenhaussystem ist die Patientenversorgung aber durch einen gesetzlich festgelegten Kostenrahmen begrenzt. Krankenversicherungen und öffentliche Krankenhäuser entscheiden über die Verteilung dieser finanziellen Mittel. Pflegekräfte und Ärzte als eigentliche Leistungserbringer haben auf die Entscheidungsprozesse in der Patientenversorgung immer weniger Einfluss und sind entgegen ihrer Berufsauffassung gezwungen, die Medizin aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen durchzuführen.

PZ: Was heißt das für die Arbeit am und mit dem Patienten?

Sven Lahme: Die damit verbundene Ausuferung der Bürokratie hält Ärzte und Pflegekräfte von ihrer eigentlichen Tätigkeit ab. Im Mittelpunkt eines Krankenhaussystems sollte stets der Patient stehen. Wenn jedoch die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhausbetriebes an erster Stelle steht, geraten die Bedürfnisse der Patienten aus dem Blickfeld.

PZ: Gilt das für alle Krankenhäuser, oder bilden Privatkliniken oder die privaten Krankenhausträger eine Ausnahme?

Sven Lahme: Ich kann nur für die Goldstadt Privatklinik sprechen. Unser Haus erhält als reine Privatklinik keinerlei öffentliche Zuschüsse und finanziert sich komplett selbst. Wir stehen in gewisser Weise außerhalb des öffentlichen Krankenhauswesens. Das erlaubt uns, Bürokratie und auch die interne Klinikstruktur aufs Wesentliche zu reduzieren. Die Klinikleitung besteht aus Ärzten und Apothekern, also aus Heilberuflern. Deshalb werden alle Patienten ohne Wenn und Aber leitliniengerecht behandelt, ohne dass die Klinik Fallzahlen oder Planumsätze erreichen muss. Eine solche Privatklinik kann nur dann bestehen, wenn die Patienten zufrieden sind und höchste Qualitätsansprüche erfüllt werden. Dass wir ausgesprochen gute Arbeit leisten, spiegelt sich in den vielen positiven Klinikbewertungen wieder.

PZ: Ist die Idee der Reformer, weg von Fallpauschalen zu gehen und ein Kliniknetz in drei Versorgungsstufen zu bilden, sinnvoll?

Sven Lahme: Die Krankenhausreformen der letzten Jahrzehnte waren in erster Linie Maßnahmen zur Kosteneinsparung. Mit jeder Reform wurde eine neue Bürokratisierungsebene implementiert. Wenn ich jetzt von drei Versorgungsstufen höre, klingt das nach einem weiteren Bürokratisierungsschub. Wir benötigen keine Verwaltungsreform, sondern eine Reform zur besseren Versorgung von Patienten.

PZ: Krankenhäuser behandeln in der Hauptsache nur stationäre Patienten. Sie gehen mit der Goldstadt Privatklinik bewusst einen anderen Weg, indem Sie auch eine Sprechstunde anbieten. Verzetteln Sie sich da nicht?

Sven Lahme: Wir verfolgen ganz bewusst einen integrativen Behandlungsansatz. Die Patienten werden durchgängig durch ein urologisch geschultes Fachteam betreut, beginnend in der Ambulanz, über den stationären Aufenthalt, bis hin zur Nachsorge. Alle Beschäftigten umsorgen die Patienten mit einem hohen persönlichen Kümmerungsfaktor. Dadurch erreichen wir, dass alle Akteure über den Gesundheitszustand eines Patienten vollumfänglich informiert sind, und alle wissen, was zu tun ist.

PZ: Wie sieht Ihr patientenorientiertes Behandlungskonzept in der Praxis aus?

Sven Lahme: Damit Sie sich den Lauf des Patienten durch die Klinik besser vorstellen können, skizziere ich kurz den Weg eines Blasenkrebspatienten: Am Anfang steht die ambulante Erstuntersuchung. Die Diagnostik erfolgt im eigenen Hause. Wird ein Blasentumor entdeckt, erfolgt die Behandlung im Rahmen eines individuellen Therapieplans. Im Frühstadium ist eine lokale Behandlung möglich, so dass die Harnblase voll funktionsfähig erhalten werden kann. Im fortgeschrittenen Stadium kann es nötig sein, die Blase operativ zu entfernen und entweder eine Ersatzblase aus anderem Gewebe zu bilden oder die Harnableitung anderweitig operativ herzustellen. Dies geschieht im Rahmen eines stationären Aufenthaltes. Das Anästhesieteam ist dabei fester Bestandteil des Klinikteams und auf urologische Operationen spezialisiert. Es betreut die Patienten von der Voruntersuchung über die eigentliche Narkose bis zur postoperativen Anästhesie-Visite. Je nach Verlauf und nach der gewählten Behandlungsmethode ist eine regelmäßige ambulante Nachkontrolle von Blasenkrebspatienten erforderlich, weil Blasenkrebs wiederholt auftreten kann.

PZ: Was ist der zentrale Vorteil dieses Vorgehens?

Sven Lahme: Das Konzept der Urologie aus einer Hand vermeidet Schnittstellenverluste, gibt den Patienten Sicherheit und nimmt ihnen die Angst vor Untersuchungen.

Urologisches Forum am 10. Mai in der Goldstadt Privatklinik

Ärzte der Goldstadt Privatklinik, einer urologischen Spezialklinik in Pforzheim, erklären am 10. Mai von 19 bis 20.30 Uhr in einer Zoom-Konferenz wichtige Aspekte der Diagnostik und Behandlung bei Blasenkrebs. Das Urologie-Forum zum Thema „Blasentumoren“ ist eine Onlineveranstaltung mit Einblicken in den OP-Saal und mit anschaulicher Vorstellung der Behandlungsmöglichkeiten. Experten beantworten die Fragen der Zuschauer. Auf goldstadt-privatklinik.de/forum/ erfährt man alles, was man für die kostenlose Teilnahme an der Zoom-Konferenz benötigt.

Die Online-Zugangsdaten für die Zoom-Konferenz des Urologischen Forums zum Thema Blasenkrebs am 10. Mai von 19.00 Uhr bis 20.30 Uhr finden sie unter https://goldstadt-privatklinik.de/forum/

Autor: Thomas Kurtz

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